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Endlager vor der Haustür?
Fichtelgebirge als Atommüllstelle? Das sagt die Politik
Protest gegen Atommüll in Bayern
Die Protestwelle gegen mögliche Atommüll-Endlager läuft bundesweit. // Peter Kneffel/dpa
Kulmbach/Fichtelgebirge – Die Nachricht hat aufhorchen lassen: Entgegen vieler Aussagen ist das Fichtelgebirge doch nicht aus dem Rennen als möglicher Standort für ein Atommüll-Endlager. Die Politik kritisiert den Vorgang.

Kernkraft - seit den 1960er-Jahren bot die Technologie die Gewähr für dauerhafte Stromversorgung. Dass dabei Müll anfällt, der aufgrund seiner Beschaffenheit für mehrere Hunderttausend Jahre strahlt und gefährlich ist für Mensch und Umwelt, nahm man offenbar lange billigend in Kauf. Schließlich aber musste die Suche nach einem Endlager neu gestartet werden, da sich der Favorit, das Zwischenlager Gorleben, für die endgültige Einlagerung als ungeeignet erwies.

Und plötzlich stand bei der Suche auch Bayern wieder im Fokus. Auch wenn die Staatsregierung den Freistaat aufgrund der Geologie für untauglich hält, hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) mit ihren jüngsten Ergebnissen die Kinnlade bei einigen nach unten klappen lassen. Plötzlich waren einige Landstriche offenbar doch geeignet, das radioaktive Vermächtnis in seinem Untergrund aufzunehmen. In Oberfranken tauchten Bischofsgrün und Weißenstadt als potenzielle Kandidaten auf. Für die politischen Vertreter ein Unding.

Rainer Ludwig, energiepolitischer Sprecher der Freien Wähler im Landtag, spricht von einem lachenden und einem weinenden Auge. „Es ist zunächst einmal ein gutes Zeichen, dass große Teile Oberfrankens bereits aus dem Verfahren der schrittweisen Prüfungen durch die BGE ausgeschlossen wurden.“


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Im neuesten Zwischenbericht sei deutlich, dass weitere Teile der Region für ein Endlager als ungeeignet eingestuft werden; Ludwig nennt hier Münchberg, Stammbach, Marktleugast und Helmbrechts. "Insbesondere gilt diese Kategorisierung auch für den Bereich Fichtelberg und Mehlmeisel im Fichtelgebirge. Diese positiven Signale lassen uns schon mal aufatmen."

Konkret untersucht würden nun noch kleinere Gebiete um den Ochsenkopf, Waldstein und den Schneeberg zwischen Bischofsgrün und Weißenstadt. Ergebnisse dazu sollen laut BGE im Sommer 2026 vorliegen. "Umweltminister Thorsten Glauber geht davon aus, dass in Kürze alle Gebiete in Bayern – auch die genannten in Oberfranken - aus dem Verfahren genommen werden. Dem schließe ich mich ausdrücklich an."

Es drehe sich hier um Abfälle, die eine Million Jahre sicher eingeschlossen sein müssen. "Dafür braucht es stabile, dichte und uralte Gesteinsformationen – und die gibt es im Freistaat laut Bayerischem Geologischen Dienst schlicht nicht, auch nicht in unserer Region!" Damit seien auch in Oberfranken die Voraussetzungen nicht gegeben. "Wir sind ungeeignet für ein Endlager – und das muss endlich auch auf Bundesebene anerkannt werden.

Als gewählter landespolitischer Vertreter wolle sich Ludwig gemeinsam mit seiner Fraktion und den Koalitionskollegen gegenüber dem Bund mit Nachdruck dafür einsetzen, dass alle Gebiete in Bayern und insbesondere in der Region möglichst in der nächsten Etappe aus dem Verfahren herausgenommen werden. Grundsätzlich fordere Bayern vom Bund eine transparente, grundlegende und umfassende Beschleunigung des laufenden Suchverfahrens für ein Endlager.

Schöffel: Granit im Fichtelgebirge zu stark zerklüftet

Landtagskollege Martin Schöffel (CSU) möchte wie Ludwig die guten Nachrichten gewichten, "weil weite Teile Oberfrankens als nicht geeignet ausgeschieden wurden. Ich finde es positiv, dass fachliche Hinweise der Geologen aus dem Freistaat gehört werden und in die Untersuchungen einfließen." 

Der Bezirksvorsitzende der Oberfranken-CSU gehe davon aus, dass auch der Bereich zwischen Bischofsgrün und Weißenstadt ungeeignet sei. "Dort ist hauptsächlich Granit vorzufinden. Granit im Fichtelgebirge ist stark zerklüftet, durch die Risse zirkuliert Wasser. Diese Eigenschaften konnten auch bei der Tiefenbohrung für die Heilquelle in Bad Weißenstadt nachgewiesen werden." Dieses Gestein sei demnach völlig ungeeignet für ein solches Lager. "Unabhängig davon, dass es nicht in dieser wertvollen und prosperierenden Tourismusregion angesiedelt werden darf."

Perspektivisch erhofft sich Schöffel in den nächsten Jahrzehnten neue Formen der Energiegewinnung aus schwächerem radioaktivem Material, "damit der heute vorliegende Atommüll eventuell weiter genutzt werden kann".

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