Sicherheitspolitik
Nato will Ostflanke deutlich stärken
Nato-Generalsekretär Stoltenberg
Nato-Generalsekretär Stoltenberg
J. Geron/Pool Reuters/AP/dpa
Ukraine
Katrin Pribyl von Katrin Pribyl Fränkischer Tag
Brüssel – Nato-Verteidigungsminister berieten, wie sie die Ukraine weiter unterstützen und trotzdem eine Eskalation über das Land hinaus vermeiden können.

Es ist diese eine Frage, die seit drei Wochen die Nato-Partner begleitet: Würde die Allianz in der Ukraine eingreifen – und wann? Es ist jedoch genau diese eine, insbesondere von der ukrainischen Presse stets gestellte Frage bei Treffen der Verbündeten, die seit drei Wochen immer wieder dieselbe Reaktion in abgewandelten Worten auslöst: „Die Nato hat die große Verantwortung, sicherzustellen, dass diese Krise nicht über die Ukraine hinaus eskaliert“, sagte deren Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch.

Nato: Sicherheitslage dramatisch verändert

Tatsächlich ging es bei der Zusammenkunft der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel in erster Linie um die Konsequenzen, die der Angriffskrieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin für das Bündnis hat, sowie die mittel- und langfristigen Planungen für eine Neuaufstellung. Die Sicherheitslage habe sich „dramatisch verändert“, sagte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht.

Im Fokus der Beratungen standen die Verstärkung der Ostflanke und die Frage, wie der Ukraine geholfen und eine russische Aggression abgewehrt werden kann, ohne dass alle 30 Verbündeten in einen Krieg gegen Russland hineingezogen werden. Man will aufrüsten statt sich einzumischen. Nächste Woche werden die Staats- und Regierungschefs der Nato-Länder bei einem Sondergipfel in Brüssel zusammenkommen.

Bislang hat die Nato lediglich in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie in Polen dauerhaft multinationale Verbände stationiert. Und auch wenn zuletzt die Truppen um Tausende Soldaten aufgestockt wurden und sich mehrere Hunderttausend Nato-Soldaten in erhöhter Alarmbereitschaft befinden, ist noch unklar, wie die Präsenz langfristig aussehen soll.

Verstoß gegen Russland-Grundakte liegt in der Luft

Denn eigentlich haben die Alliierten in der Nato-Russland-Grundakte zugesagt, im östlichen Bündnisgebiet keine „substanziellen Kampftruppen“ dauerhaft zu stationieren. Würde man die Verpflichtung angesichts des Kriegs außer Acht lassen?

Die Sorge vor einer möglichen Eskalation vonseiten Moskaus ist groß. Auch wenn es laut Lambrecht bisher „keine Anhaltspunkte“ für einen russischen Angriff auf Nato-Territorium gebe, „so können wir das nicht gänzlich ausschließen, und wir müssen vorbereitet sein“, sagte die SPD-Politikerin. Über die Größenordnung der Truppen wird offenbar noch diskutiert.

Nato lehnt Flugverbotszone kategorisch ab

Was die Notlage in der Ukraine anbelangt, bleibt die Nato bei ihrem Kurs trotz der fast flehenden Bitten aus Kiew: Waffenlieferungen ja, Ausbildung von ukrainischen Streitkräften ja, aber eine Einmischung mit Nato-Truppen oder das Einrichten einer Flugverbotszone über der Ukraine schließen die Verbündeten aus, da diese überwacht und durchgesetzt werden müsste. Im Notfall müssten Nato-Kampfflugzeuge die russischen Streitkräfte abschießen, wenn diese den Luftraum verletzen würden.

Wie würde aber die Allianz reagieren, wenn Putin chemische Waffen in der Ukraine einsetzt? Stoltenberg äußerte sich dazu nicht, Lambrecht gab sich nebulös: „Das ist kein Krieg, an dem die Nato beteiligt ist“, so die Deutsche. „Wir müssen verhindern, dass es einen Flächenbrand gibt.“

Ukraine-Nachbarn fordern klare Position zu A- und C-Waffenangriffen

Anders die Amtskollegen aus Estland und Luxemburg, die eine klare Antwort der Bündnisstaaten für den Fall eines russischen Angriffs mit Atom- oder Chemiewaffen forderten. Putin müsse die „rote Linie“ aufgezeigt bekommen, verlangte der luxemburgische Verteidigungsminister François Bausch.

Derzeit beginnt die rote Linie an der Nato-Ostgrenze. Schon vor der Ankunft der Politiker im Brüsseler Nato-Hauptquartier sorgte der Vorstoß aus Polen für eine Nato-„Friedensmission“ in der Ukraine für Gesprächsstoff.

Es soll kein „Krieg der Nato“ werden

Die Verbündeten zeigten sich skeptisch bis ablehnend gegenüber der Idee aus Warschau, die Nato-Mission solle „von Streitkräften geschützt“ humanitäre Hilfe leisten – und gleichwohl „in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen“. Eine solche Aktion betrachten die meisten Partner zum jetzigen Zeitpunkt als nicht umsetzbar.

Auch Lambrecht reagierte reserviert. Man müsse „mit kühlem Kopf darauf achten, dass dieser Krieg nicht zu einem Krieg der Nato wird“.

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