2 Euro statt 200
Preis-Panne bei Semesterticket löst Ansturm aus
Ein Semesterticket für nur 2,07 Euro? Das ließen sich hunderte Studenten nicht zwei Mal sagen. Im Erlanger Bahnhof bildeten sich am Montagabend lange Schlangen, die bis auf den Vorplatz reichten.
Ein Semesterticket für nur 2,07 Euro? Das ließen sich hunderte Studenten nicht zwei Mal sagen. Im Erlanger Bahnhof bildeten sich am Montagabend lange Schlangen, die bis auf den Vorplatz reichten.
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Christian Bauriedel von Christian Bauriedel Fränkischer Tag
Erlangen – Fehler im System der DB-Fahrkartenautomaten: Das Semesterticket war am Montag für nur 2,07 statt für 207 Euro zu haben. Resultat: Massenandrang.

Die Nachricht verbreitete sich am Montag in den sozialen Medien wie ein Lauffeuer: Das Semesterticket für nur 2,07 Euro? Statt für die normalen 207 Euro?

Unzählige preisbewusste Studenten machten sich nicht nur in Erlangen und Nürnberg, sondern offenbar im gesamten Gültigkeitsbereich des Verkehrsverbunds Nürnberg (VGN), sofort auf den Weg, was dazu führte, dass sich am Abend lange Schlangen vor den Fahrkartenautomaten der Deutschen Bahn (DB) bildeten. Die Massen junger Leute standen in Erlangen quer über den Bahnhofsvorplatz brav an, um in den Genuss des vermeintlichen Dumping-Angebots im Nahverkehr zu kommen. 

Ein Semesterticket für nur 2,07 Euro? Das ließen sich hunderte Studenten nicht zwei Mal sagen. Im Erlanger Bahnhof bildeten sich am Montagabend lange Schlangen, die bis auf den Vorplatz reichten.
Ein Semesterticket für nur 2,07 Euro? Das ließen sich hunderte Studenten nicht zwei Mal sagen. Im Erlanger Bahnhof bildeten sich am Montagabend lange Schlangen, die bis auf den Vorplatz reichten.
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„Bei dem Preis kann man nichts sagen“, sagt ein Student im zweiten Semester mit einem Augenzwinkern. Er habe sich am Montagabend am Forchheimer Bahnhof eines der 2,07-Euro-Tickets gekauft. Er habe von einer Bekannten, die ebenfalls studiert, davon erfahren. Die Meldung habe nicht nur in Studentengruppen auf Facebook oder WhatsApp, die Runde gemacht, sondern sei auch sofort auf einer Webseite für günstige „Deals“ im Internet gelandet. 

Übertragungsfehler im DB-Vertriebssystem

Dabei war schnell klar gewesen: Es handelte sich weder um einen verspäteten Aprilscherz noch um ein studentenfreundliches Geschenk der Bahn, sondern um eine peinliche Technik-Panne.   Der Preis-Lapsus sorgte für einigen Wirbel hinter den Kulissen des VGN. Allerdings passierte der Übertragungsfehler nicht in deren System. „Der Fehler war im Vertriebssystem der DB, nicht in den Automaten der VAG oder der Erlanger Stadtwerke“, sagt Manfred Rupp, Pressesprecher des VGN, auf Anfrage des Fränkischen Tags.

Komma verrutscht

Nach seinen Informationen habe der Preisfehler, bei dem offenbar jemandem bei der Übertragung aus Versehen das Komma verrutscht ist, bereits schon am Vormittag vorgelegen, vermutlich in allen Automaten im gesamten Verbundgebiet. „Der Fehler war relativ lange von uns unbemerkt“, so Rupp. Zwischen 19 und 20 Uhr sei die Panne am Montag behoben gewesen.

Wie viele Tickets genau ist noch unklar

Der Schaden dürfte enorm sein. Wie viele Tickets für den absoluten Niedrigpreis verkauft wurden, sei noch nicht ganz geklärt. Es dürften sich um mehrere hundert, vielleicht über 1000 handeln, schätzt Rupp.

Karten vorerst gültig – Kulanzlösung

Damit dürfte der finanzielle Fehlbetrag im sechsstelligen Bereich liegen. Die Frage ist nun: Sind die Semestertickets denn nun auch gültig? Und: Könnte  die DB beziehungsweise der VGN das wieder rückgängig machen? Und wenn ja: wie? Diese Fragen  seien Teil einer „Gesprächsrunde des VGN mit Vertretern von DB Regio, der Hochschulen, des Studentenwerks sowie der Studierenden“ gewesen, teilt Rupp mit. „Aktuell wird eine Kulanzlösung auch im Kreis der Gesellschafter der VGN GmbH abgestimmt. Die fehlerhaften Tickets werden bis dahin als gültiger Fahrausweis anerkannt.“ Details sollen am heutigen Donnerstag bekannt gegeben werden.

„Zentraler Schaden für den VGN“

Der finanzielle Schaden liegt momentan beim VGN. Denn, erklärt Rupp, das Geld für das Semesterticket landet im VGN-Topf und wird an die teilnehmenden Verkehrsbetriebe verteilt. „Es ist ein zentraler Schaden für den VGN“, sagt Rupp.

Doch so sehr sich viele Studenten gefreut haben dürften: Es könnte nicht lange dauern, bis die „Billig-Tickets“ als ungültig erklärt werden – falls dies juristisch möglich ist. Denn gekauft ist schließlich gekauft. Oder?

Jusos verteidigen die Schnäppchenjäger

Die Hochschulgruppe Erlangen-Nürnberg der Jusos sprang am Dienstag in Form einer Pressemitteilung auf den Zug auf. Darin betonen sie die Wichtigkeit für Preissenkungen im Nahverkehr und erinnern an die für Studenten-Budgets hohen Preise. Sie verteidigten daher die jungen Leute, die bei dem Schnäppchen zugeschlagen haben.

Angeblich Strafen wegen Schwarzfahrens

Rasch hätten in den sozialen Medien Meldungen die Runde gemacht über Studierende, deren 2,07-Euro-Ticket bei Fahrscheinkontrollen nicht akzeptiert worden sei. Sie seien aufgefordert worden, 60 Euro wegen Fahrens ohne gültigen Fahrschein zu zahlen. Für die Jusos „ein absolutes No-Go“. „Wenn ich am Fahrscheinautomaten ein Ticket kaufe, gehe ich auch davon aus, dass dieses Ticket gültig ist. Studierende für den eigenen Fehler nun zur Kasse zu bitten, wäre eine absolute Unverschämtheit“, sagt Melina Arnold von der Juso Hochschulgruppe Erlangen-Nürnberg. Der VGN müsse  „bis zu einer endgültigen Klärung Kulanz walten lassen und eventuell schon erhobene Strafen zurückerstatten“.

Der Forchheimer im zweiten Semester sagt, die über 200 Euro seien für einen Studenten ein stattlicher Preis. Andererseits sei es nun auch ungerecht. Denn wer vielleicht vor einer Woche schon sein Semesterticket gekauft hat, kommt nicht in den Genuss des Pannen-Deals und schaut nun in die Röhre.

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