Der Schlachthof Kulmbach habe seit Mitte 2021 immer wieder im Mittelpunkt der Schlagzeilen gestanden. Wörtlich heißt es weiter: „Manches mussten wir akzeptieren, weil es richtig war; in der Berichterstattung waren aber auch Verfälschungen und Verzerrungen zu erleben, die der Sache bei genauem Hinsehen nicht gerecht werden.“
Dies liege an Menschen, die sich zum Teil ohne fundierte Sachkenntnisse, zum Teil auch auf Basis von Vorurteilen öffentlich negativ geäußert hätten. „Das finden wir sehr schade, weil hier weltweit eine neue und einzigartige Betäubungsanlage auf Heliumbasis entsteht, die eine deutliche Verbesserung für den Tierschutz bei der Schlachtung bedeutet und die deswegen auch eine Chance verdient hat, fertiggestellt in Betrieb genommen zu werden, ohne dass das Projekt schon im Vorfeld als untauglich kritisiert und Verunsicherung geschürt wird“, heißt es weiter.
Die beiden Verantwortlichen wollen eigener Aussage zufolge zu den wichtigsten Fragen und Vorwürfen, die in diesem Kontext immer wieder öffentlich thematisiert würden, Stellung beziehen:
Die Organisation des Projekts
Die Bernd-Tönnies-Stiftung habe das Projekt in Auftrag gegeben. An der Finanzierung des Gesamtprojekts (Hallenbau) beteilige sich auch die Stadt Kulmbach. Weitere Forschungseinrichtungen seien an der Entwicklung nicht beteiligt. Der bekannte Veterinär und Fleischforscher Klaus Troeger aus Kulmbach sei der geistige Kopf des Projekts. Er sei pensioniert und stelle dankenswerterweise seinen langjährigen Erfahrungsschatz und seine Kompetenz als Privatmann zur Verfügung.
Lesen Sie auch:
Es sei unbestritten und mit Forschungsergebnissen untermauert, dass Helium als Betäubungsgas den Tieren ein sanftes „Einschlafen“ ermögliche, eine deutliche Verbesserung bei den Schlachtungen. Weil Helium teurer als andere Gase sei, werde in der Pilotanlage ein Mechanismus eingebaut, mit dem das nicht benötigte Gas zurückgewonnen und wieder eingesetzt werde. Damit reduziere man die Menge des eingesetzten Gases deutlich und könne den höheren Preis kompensieren. Bei den üblichen CO2-Betäubungen verfliege das überschüssige Gas.
Fertigstellung der Pilotanlage
Die Pilotanlage sei inzwischen grundsätzlich fertiggestellt. Es fehle noch der Einbau der Helium- Rückgewinnung. Dieser erfolgt bis ca. Januar 2023. Im nächsten Schritt stünden Probeläufe an, um festzustellen, ob die Anlage wie geplant funktioniere oder ob Nachjustierungen, Ergänzungen oder andere Verbesserungen vorgenommen werden müssten.
Für die Probeläufe, die nur unter strenger Beaufsichtigung der Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen erfolgten, stehe ausreichend Helium zur Verfügung. „Für den ordnungsgemäßen Regelbetrieb ist jedoch eine gesicherte Versorgung mit Helium unabdingbar. Durch den Ukraine-Krieg, auch die Pandemie, leiden fast alle Branchen der Wirtschaft unter Lieferengpässen und Lieferverzögerungen; manche Produkte, wie das Helium, sind derzeit am Markt nur schwer, teilweise gar nicht zu bekommen. Niemand kann verlässlich vorhersagen, wann das wieder der Fall sein wird. Daher halten wir es auch für nicht seriös, Termine für das weitere Vorgehen zu nennen oder auch wann genau die Anlage im Regelbetrieb arbeiten kann. Dass dies jedoch relativ zeitnah passiert, dessen sind wir uns sicher“, schreiben Lehmann und Grühn.
Transparenz
„Ja, wir haben Transparenz zugesagt; und wir versprechen auch, dass wir die Öffentlichkeit zeitnah über die nächsten Entwicklungsschritte informieren“, so Lehmann und Grühn. Man dürfe jedoch nicht vergessen, dass es sich um den weltweit ersten Prototypen, der hier in Kulmbach entstehe, handele. „Da muss vieles ausprobiert und überlegt werden, auch Alternativen für einzelne Details müssen durchdacht werden. Damit sind erfahrene und hochkompetente Experten beschäftigt; es ergibt keinen Sinn, solche Details öffentlich zu erörtern. Auch namhafte Automobilhersteller stellen ihre neuen Modelle erst der Öffentlichkeit vor, wenn sie ausgereift sind und funktionieren“, heißt es in dem Schreiben weiter.
Der Förderer
Wer sich einmal mit der Biografie und dem Namen Robert Tönnies beschäftige, der wisse, dass Tönnies ein erfolgreicher Unternehmer sei, der bei seinen zahlreichen Unternehmungen Themen wie Tierschutz, Umweltschutz oder auch Schutz der Arbeit von Kleinbauern gegen große Lebensmittelkonzerne eine große Bedeutung gebe; man denke nur an Wochenmarkt24 oder Electrify, die er gegründet habe. „Insofern ist er der beste Garant dafür, dass wir unsere Ziele auch mit Erfolg erreichen. Wer das in Zweifel zieht, der sollte stichhaltige Argumente auf den Tisch legen“, fordern der Oberbürgermeister und der Schlachthofleiter.
Lesen Sie auch:
Beide bitten darum, erst den geplanten Prototypen fertigstellen zu dürfen, „um dann mit konkreten Erfahrungen aus Probeläufen zu diskutieren, ob wir auf dem richtigen Weg sind, ob es Alternativen gibt und auch wie eine belastbare Kostenrechnung aussieht und wie sie sich auf den Fleischpreis auswirkt. Erst mit den kontrollierten Probeläufen haben wir konkrete Zahlen und Fakten vorliegen, die ein fundiertes Urteil zu diesem Projekt erlauben.“
Ernsthaftigkeit abnehmen
Und weiter: „In dieses Projekt ist bislang schon viel Geld geflossen und noch mehr profundes Veterinärwissen gepaart mit guter deutscher Ingenieurskunst. Wir meinen es mit unserem Projekt sehr ernst. Daher wünschen wir uns sehr, dass man uns die Ernsthaftigkeit und die Zielsetzung, mit der wir das Projekt betreiben, abnimmt.“